– von Walter Moritz – Wörter, Deutschland.
Johann Heinrich Schmelen – Pionier unter den Nama.
Wer im Süden Namibias unterwegs ist, sollte es nicht versäumen, einen historischen Ort aus der Pionierzeit der Missionare zu besuchen. Bethanien wird er heute genannt. Als Missionar Schmelen 1814 dorthin kam, hieß er /ui//gantes = Klippquelle.
Schmelen, der in Kassebruch bei Bremen am 7. Januar 1777 das Licht der Welt erblickte, wollte sich dem Militärdienst entziehen und ging nach London. In der Begegnung mit Pastor Steinkopf (der Ort im Namaland ist nach ihm benannt), kam er zum Glauben. Als 1803 vier bekehrte Namas (khoekhoen) London besuchten, hörte Schmelen ihr Zeugnis, und es wurde ihm gewiss, dass die Heiden auch eine lebendige Seele haben. Er ließ sich in Berlin von Pastor Jänicke als Missionar ausbilden.
Die Londoner Mission sandte ihn mit einigen anderen Missionaren 1811 nach Südafrika. In Kapstadt traf Schmelen den deutschen Missionar Albrecht, der mit seinem Bruder 1805 Warmbad im Süden des Landes gegründet hatte. Dieser erzählte, dass die Bewohner von Warmbad vor der Orlam-Gruppe von Jager Afrikaner flüchten mussten und sich in Pella, jenseits des Oranje niedergelassen hatten. Dort begann Schmelen seine Arbeit, und zog mit den Nama und ihrem Vieh von Weideplatz zu Weideplatz. Groß war seine Freude, als er einen Mann beten hörte. Der Gebetsgeist ergriff auch Kinder bis zu 5 Jahren. Im Frühjahr 1814 konnten die ersten Namas getauft werden.
Schmelen bekam den Auftrag, die Mündung des Oranje zu erforschen. Am 13. April 1814 zog er mit dem Ochsenwagen und etwa 150 Begleitern los. Auf der Reise spürte er bei den Mitreisenden das Wirken des Wortes Gottes. Er sagte später: „Dies ermutigte mich und ließ mich die großen Schwierigkeiten und Gefahren meiner Reisen übersehen. Es war ein süßer Gedanke für mich, daß auf diese Weise Seelen für den Himmel gewonnen würden. Auch hoffe und bitte ich täglich zu Gott, daß sein Wort nicht vergeblich gewesen sein möge unter all den wüsten und wilden Völkern, die ich besuchte, und die noch nichts von Ihm gehört hatten” (Brief von Schmelen 1831).
Die Buschleute hielten den Ochsenwagen für ein Schiff und fragten, ob die großen Räder auf Bäumen wüchsen. Aus Ehrfurcht sprangen sie über die Wagenspuren – sie wagten nicht, daraufzutreten. Es hatte sich herumgesprochen, dass Schmelen predigte, und so kamen sie von weit her, um ihn zu hören.
Die junge Zara Hendriks fuhr in Schmelens Ochsenwagen mit. Sie war eine der ersten Namas, die getauft wurden und half seitdem in der Gemeinde. Da die Nächte kalten waren, brachte Schmelen es nicht übers Herz, sie draußen übernachten zu lassen. Er holte sie ins Wagenzelt. Nun war er mit einer Frau allein und wollte doch keinen Anstoß erregen. Schmelen schreibt selbst darüber: „Ich war in gößter Bedrängnis, weil ich mit einer einzigen Frau im Wagen war. Meine Seele schrie unaufhörlich zu Gott, daß er mich leiten möchte, daß ich nicht zum Hindernis in der großen Arbeit am Herrn, die mir aufgetragen ist, werden würde. Deshalb habe ich beschlossen, sie zu fragen, ob sie mich heiraten würde” (Trüper, S. 41).
Sie wurde ihm eine treue Lebensgefährtin. Ja, da das Nama (Khoe-khoe) ihre Muttersprache war, sollte sie sogar von besonderer Bedeutung bei den Übersetzungsarbeiten Schmelens sein. Schmelen ließ sich in Bethanien im Süden des heutigen Namibias nieder und baute dort ein Steinhaus. Im Report 1819 schreibt er: „Im Januar fing ich an, mit Hilfe meiner Leute ein Haus für mich zu bauen und hatte es im April fertig. Die Hölzer, die brauchbar sind, sind weit weg und schwierig zu bekommen. Da Bethanien eine Menge von ausgezeichneten Steinen für Häuser hat, versuchte ich, die Wände daraus zu machen”.
Auf einer Zeichnung aus dem Jahre 1875 ist das Schmelenhaus mit den beiden Giebeln deutlich zu erkennen. Das heutige Schmelenhaus ist gleichsam nur ein Überbleibsel. Auf der Zeichnung ist auch die zweitürmige Kirche zu erkennen, die Missionar Kreft 1859 aus Lehm erbaute. Sie wurde 1998 restauriert und steht unter Denkmalschutz.
1816 unternahm er eine dreimonatige Reise nach Kapstadt, um sich neu einzukleiden. Er hatte kein Hemd und keinen Rock mehr, keinen Hut, keine Schuhe. Er trug Fellkleider wie die Nama. Ein Schaffell (Karos) diente ihm als Sattel und Schlafmatte. Weil Steinkopf vakant war, bekam er noch in Kapstadt den Auftrag, dort Vertretungsdienste zu übernehmen.
In Bethanien erlebte er eine große Bewegung. Schmelen sah die Erfüllung des Wortes; „Daß ein Volk soll gläubig werden auf einen Tag”. (Brief Schmelen 1831) Leider gab es dann aber Schwierigkeiten, und er mußte den Ort 1822 verlassen. Einige Jahre lang unternahm er Erkundungszüge durch Südwestafrika.
1822 erhielt Schmelen von der Londoner Missionsgesellschaft den Auftrag, das Neue Testament in die Namasprache zu übersetzen. Wiederholt mußte er einen neuen Anfang machen.
Erst 1831 konnten die vier Evangelien in Kapstadt gedruckt werden. Schwierig war es mit den Schnalzzeichen, weil keine Lettern dafür vorhanden waren. Zara, die kränklich war, las noch Korrektur, starb jedoch auf der Rückfahrt nach Südwestafrika. Schmelen verfasste auch eine kleine Grammatik, Fragebücher, ABC-Bücher und ein kleines Namagesangbuch. Die Handschriften Schmelens und auch die vier Evangelien befinden sich in Kapstadt in der Öffentlichen Bibliothek in der Grey Collection, [wo ich sie auch einsehen konnte].
Bedeutend war seine Expedition bis an den Kuiseb bei Walvis Bay. Bereits 1825 wies er darauf hin, dass es dort einen Hafen gäbe, um von hier aus die Mission bis hin zu den Ovambo im nördlichen Namibia zu betreiben. Wasser, Gras und Holz waren beim heutigen Rooibank zu finden – die Voraussetzungen, um eine Missionsstation anlegen zu können. Erst 20 Jahre später, 1845, kamen die Missionare der Rheinischen Mission nach Rooibank und richteten eine Missionsstation ein. 1969 baute ich, Pastor Walter Moritz, hier mit der Gemeinde ein kleines Kirchlein in der Wüste.
Von 1829 bis 1848 leitete Schmelen die Missionsstation Kommagas südlich des Ortes Springbok in Südafrika. Wegen seines fortgeschrittenen Alters forderte er die Rheinische Mission in zwei Briefen auf, seine Arbeit unter den Nama weiter zu führen. Missionar Kleinschmidt kam 1840 in Kapstadt an, Schmelen holte ihn ab. Zwei Jahre tat Kleinschmidt Dienst in Kommagas. Er heiratete die Tochter Schmelens und zog dann 1842 mit Missionar Hugo Hahn nach Windhoek. So nahm die Rheinische Mission ihre Arbeit in Südwestafrika auf. [Der Norweger Knudsen übernahm die Arbeit in Bethanien.]
Am 26. Juli 1848 starb Schmelen zu Kommaggas und liegt dort begraben.
Walter Moritz
[Bildunterschriften]
1 – Johann Hinrich Schmelen (Repro: Walter Moritz, Rheinische Mission)
2 – Schmelens Grab in Komaggas. (Foto: Walter Moritz, 1970)
3 – Das Schmelenhaus in Bethanien (Foto: Walter Moritz, 1970)
4 – Die doppeltürmige Kirche in Bethanien, erbaut 1859 von Missionar Kreft; links das Schmelenhaus. (Foto: Walter Moritz, 1999)
5 – Bethanien, Zeichnung von Missionar Friedrich Heidmann 1875. (Foto: Repro Walter Moritz, Archiv der ELCRIN, Windhoek)
Steckbrief :
Missionar J.H. Schmelen, 1777-1848, Bethanien, erschienen 1989, Künstler: Heinz Pulon
Kontakt für Sammler: Philately Services, Private Bag 13336, Windhoek; Tel +264 (0)61 2013097/99, philatelySnampost.com.na
Quellen :
Johann Hinrich Schmelen aus Cassebruch, ein Erstling unter den Hannoverschen Missionaren in Südafrika; 2. Auflage, Hermannsburg 18 94, Kleine Hermannsburger Missionsschriften Nr. 6
Die erste Rynse Sendingstasie in Namaland, Bethanie 1842; in: Van Sending tot Kerk 1842 – 1967, Julius Baumann, Windhoek 1967, S. 16-22
Moritz, Walter : Die Nama-Sprache bei Johannes Heinrich Schmelen, in: Journal der SWA Wissenschaftlichen Gesellschaft, Windhoek 1969/70, S. 33-43
Moritz, Walter : „Elob-Mis” The History of the Bible in the Nama Language; SWA Jahrbuch 1968, S. 35-39
Moritz, Walter : Die Übersetzung der Bibel in der Namasprache; in: Dasup, Zeitschrift des Deutsch-Afrikanischen Studentenbundes der Universität Pretoria, 1971, S. 24-27
Moritz, Walter : Auf dem Reitochsen guer durch’s südwestliche
Afrika, Missionar Schmelen, ein Pionier der Sprache der Nama (1811-1848) am Oranje, in Bethanien Steinkopf und Komaggas, in: Aus alten Tagen in Südwest, Heft 17, Windhoek 2004
Trüper, Ursula : Die Hottentin, das kurze Leben der Zara Schmelen (ca. 1793 – 1831), Missionsgehilfin und Sprachpionierin in Südafrika, Köln 2000.